Im Artikel 5 der europäischen Verordnung 305/2011, auch als Bauproduktenverordnung (EU-BauPVO) bekannt, steht, welche Ausnahmen von der Pflicht zur Erstellung einer Leistungserklärung es gibt. Hierbei heißt es:
Abweichend von Artikel 4 Absatz 1 [Dort steht: Ist ein Bauprodukt von einer harmonisierten Norm erfasst…., so erstellt der Hersteller eine Leistungserklärung, wenn es in Verkehr gebracht wird.] und bei Fehlen von Bestimmungen auf Ebene der Union oder auf nationaler Ebene, die die Erklärung Wesentlicher Merkmale dort vorschreibt, wo die Produkte zur Verwendung bestimmt sind, kann ein Hersteller davon absehen, eine Leistungserklärung zu erstellen, wenn er ein von einer harmonisierten Norm erfasstes Produkt in Verkehr bringt und….[jetzt folgen drei Bedingungen].
Zunächst aber sollte man sich mit dem ersten grundlegenden Teil beschäftigen. Der Artikel 5 beginnt mit den Worten `Abweichend von´, was bedeutet, dass dies die Ausnahme von der Regel sein soll. Daran schließt sich das Wort `und´ an, was bedeutet, dass dies ein weiterer Punkt ist, welcher erfüllt sein muss, um die dann folgenden drei Bedingungen in Anspruch nehmen zu können.
Und genau an dieser Stelle kommt es zu einem unterschiedlichen Verständnis. Die baurechtliche Verankerung der DIN EN 1090 ist unstrittig. (siehe INFOBRIEF „DIN EN 1090 und die baurechtliche Relevanz). Darum gibt es den zweiten Punkt nicht und die weiteren Bedingungen sind unerheblich.
Trotzdem schauen wir uns die drei Bedingungen an:
a) das Bauprodukt individuell gefertigt wurde… auf einen besonderen Auftrag hin…in ein einzelnes Bauwerk….
(Diese Punkte sprechen alle für ein handwerklich erstelltes Produkt. Voraussetzung ist aber, das Fehlen von Bestimmungen auf Ebene der europäischen Union oder auf nationaler Ebene. Die Ausführung von Stahl- und Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1090 findet ganz überwiegend bei der Einzel- oder Kleinserienfertigung Anwendung. Eine andere Interpretation würde dem europäischen Grundgedanken des freien Verkehres von Personen, Waren und Dienstleistungen entgegenstehen.)
b) das Bauprodukt auf der Baustelle…gefertigt wird.
(Hier wird das Produkt nicht in Verkehr gebracht, da es vollständig auf der Baustelle entsteht, wobei nationale Vorschriften berücksichtigt werden müssen. Für metallische Bauprodukte würde die teilweise Vorfertigung als Bausatz gelten und die DIN EN 1090-1 erfasst auch solche Bausätze. Zudem gibt es Forderungen zum Schweißen auf der Baustelle (Herstellerqualifikation oder Schweißzertifikat nach DIN EN 1090.
c) das Bauprodukt auf traditionelle Weise….kulturelles Erbe…
(Hier steht die Renovierung von historischen Bauwerken im Vordergrund aber auch die Pflege traditioneller Bauweisen)
Dahingegen wird der Artikel 38 der EU-BauPVO nicht ausreichend zur Kenntnis genommen. Im Artikel 38 geht es um `vereinfachte Verfahren´. Hier steht;
(1) Im Falle von Bauprodukten, die von einer harmonisierten Norm erfasst sind und die individuell gefertigt wurden……, kann der Hersteller ….durch eine Spezifische Technische Dokumentation die Konformität des Produktes nachweisen.
Dieser Artikel erlaubt es dem Hersteller von individuell gefertigten Bauprodukten, den Aufwand (und Kosten) für eine Erstprüfung im Verfahren 2+ durch eine spezifische technische Dokumentation (z.B. mittel statischem Nachweis, Konstruktionszeichnungen und einer Vertrags- und Konstruktionsprüfung, zu reduzieren.